Mit Daten zu mehr Transparenz und Demokratie
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Bild: NZZ, Goran Basic
Ein Beitrag von Alexandra Kohler in der NZZ vom 7.9.2015:
Was wäre, wenn nur 25-Jährige wählen gingen? Dieser und anderen Fragen sind am Wochenende Forscher, Programmierer, Journalisten und Statistiker bei den «Election Hackdays» auf den Grund gegangen.
Stimmen Politiker im Parlament tatsächlich so, wie sie es vor den Wahlen versprochen haben? Das versuchte eine Gruppe an den «Open Data Election Hackdays 2015» herauszufinden. Heraus kam eine «KandiDaten»-App, mittels der in Zukunft Wahlversprechen und Abstimmungsverhalten von Kandidaten für National- und Ständerat verglichen werden soll. Leser, Wähler, politisch Interessierte und Nichtregierungsorganisationen können Politiker durchleuchten, kommentieren, kongruentes und nicht kongruentes Verhalten aufzeigen.
Politikern genau auf die Finger schauen – dies ist nur eines von mehreren Projekten, die am vergangenen Freitag und Samstag in den Hallen der NZZ und bei der Zeitung «Le Temps» in Lausanne entstanden sind. Die Idee von sogenannten Hackdays ist einfach: Programmierer, Forscher und Interessierte aus verschiedenen Feldern kommen für kurze Zeit zusammen und entwickeln zu einem bestimmten Thema innovative Applikationen. In diesem Fall lautete das Thema: «die eidgenössischen Wahlen 2015». Alle Teilnehmer der Veranstaltung zeigten sich motiviert, politische Vorgänge transparenter zu machen, Abstimmungs- und Wählerdaten sowie Informationen zu Politikern und Wahlen zu analysieren.
Relevante Daten offenlegen
Am Freitagvormittag stellten einige der 40 Teilnehmer verschiedenste Datensätze vor. Diese Daten stammen zum grossen Teil von öffentlichen Stellen wie städtischen, kantonalen und nationalen Statistikämtern. Aber auch Vereine wie Lobbywatch und Forschungsstellen wie FORS stellen ihre Daten der Öffentlichkeit (teilweise) zur Verfügung. Das Ziel von opendata.ch ist es, dass Daten, die für die Öffentlichkeit relevant sind, allesamt publik gemacht werden. Hannes Gassert, der Vizepräsident von Open Data, ist deshalb überzeugt, dass an Hackdays viele Dinge entstehen können, die zur politischen Meinungsbildung und zur Transparenz beitragen. Er ermutigte die Teilnehmer der Hackdays, alle ihre Projekte – wenn sie auch nicht ganz fertig sind – zu veröffentlichen und, wenn irgendwie möglich, weiterzuführen.
Der Freitagnachmittag war dann ganz dem Brainstorming und dem «Hacken», also Programmieren, gewidmet. Zwischendurch tauschte man sich via Skype mit der Parallelveranstaltung in Lausanne aus, wo in den Räumen der Zeitung «Le Temps» ebenfalls Hackdays stattfanden. Am Abend waren in Zürich sowie Lausanne so manche Teams bis spät beschäftigt. Und auch am Samstag bastelten die Teilnehmer mit Eifer an ihren Apps weiter. Der Zeitdruck war gross, denn: Schon am Nachmittag präsentierten die kreativen Köpfe ihre Ergebnisse sowie ihre Vorgehensweisen. Wie können wir das Verhalten von Parlamentariern auf Twitter über die Zeit messen, und gibt es Auffälligkeiten? Diese Frage wurde mittels einer Analyse von Twitter-Daten beantwortet. Auffällig: Nach dem 9. Februar 2014, als die Masseneinwanderungsinitiative vom Schweizer Volk angenommen wurde, schnellte der Twitter-Traffic der Parlamentarier in die Höhe.
Eine andere Applikation verbindet verschiedene Datensätze der Website Parlament.ch zu Nationalrat und Ständerat, zu den Komitees und den einzelnen Parlamentariern. Die App «Komitees im Parlament» ermöglicht es, zu zeigen, in welchen Kommissionen z. B. Parlamentarier der CVP vertreten sind. Eine weitere kreative Applikation wurde zu dem Thema «Was wäre wenn?» entwickelt. Wie sähe das Parlament aus, wenn nur Personen zwischen 25 und 34 wählten? Oder etwa nur Frauen zwischen 75 und 85? Sympathiewerte für die Parteien und das eigentliche Abstimmungsverhalten gehen teilweise weit auseinander.
Hackdays als demokratisches Element
Begeistert von der Veranstaltung war Balthasar Glättli, Nationalrat und Fraktionschef der Grünen im Bundeshaus. Am Samstag stattete Glättli den «Hackern» an der Falkenstrasse einen Besuch ab und staunte nicht schlecht über die sechs Schlusspräsentationen. Ihm sagte vor allem der Parlamentarier-Fakten-Check zu: «Dieses Projekt versucht von der Scheingenauigkeit der Wahlversprechen loszukommen und will Politiker wirklich auf ihre Versprechen und deren Einhaltung prüfen», sagt er. Die eigentlichen Handlungen von Politikern regelmässig unter die Lupe zu nehmen, sei wichtig. Für ihn sind offene Daten sowie Hackdays, wo sich Menschen aus verschiedensten Richtungen mit diesen beschäftigen und sich austauschen, ein wichtiges demokratisches Element.
Dies ist ein Beitrag von Alexandra Kohler in der NZZ vom 7.9.2015.