Fünf Schlüsselerkenntnisse nach einem Jahr OGD (Open Government Data) Stadt Zürich

Dieser Gastbeitrag wurde verfasst von Claudia Hochstrasser, OGD-Projektleiterin der Stadt Zürich und Beraterin der Zürcher IT-Firma itopia.


OGDZHDas OGD Portal der Stadt Zürich wurde letztes Jahr am 28. Juni live geschaltet und ist nun über ein Jahr erfolgreich in Betrieb. Zeit, fünf Schlüsselerkenntnisse aus einem Jahr OGD in der Stadt Zürich zu ziehen.

Schlüsselerkenntnis eins: OGD ist kein Selbstläufer.

Mit dem Live-Schalten einer Plattform und der Veröffentlichung von ersten Datensätzen ist der erste Schritt in Richtung OGD getan. Die gemachten Erfahrungen in diesem Jahr zeigten aber schon früh, dass dies allein nicht reicht, um die kontinuierliche Veröffentlichung von Behördendaten sowie die langfristige und nachhaltige Weiterführung von OGD im Betrieb erfolgreich zu etablieren. Deshalb entwickelte die Stadt Zürich Anfang Jahr einen Katalog mit 14 flankierenden Massnahmen, um OGD über die blosse Aufschaltung des Portals hinaus sowohl intern als auch extern zu fördern und voranzutreiben. Für die Umsetzung der Massnahmen werden Ressourcen sowie dedizierte Mitarbeiter mit verschiedenen Kompetenzen benötigt.

Schlüsselerkenntnis zwei: OGD als Projekt und OGD im Betrieb sind zwei Paar Stiefel.

Die Überführung von OGD als Projekt in den täglichen Betrieb erwies sich als grosse Herausforderung. Neben dem Aufbau eines zentralen Open Data Teams und der Schaffung neuer, interner Rollen müssen viele betriebliche Prozesse, die bei der Entwicklung und Live- Schaltung des Portals von untergeordneter Bedeutung waren, etabliert werden.

Eine Verwaltung ist eine sehr heterogene Organisation mit unterschiedlichen technischen Systemen und Daten-Maturitäten. Das Datenmanagement ist zudem vielfach nicht das Kerngeschäft des Departements oder der Dienstabteilung. Intern müssen deshalb dafür passende, individuelle Daten-Lieferprozesse sowie Möglichkeiten für die Verrechnung der anfallenden Aufwände aufgesetzt werden, um den verschiedenen Daten-Lieferanten gerecht zu werden. Dafür wurde unter anderem die Rolle des OGD-Datenverantwortlichen geschaffen.

Solche Veränderungen geschehen nicht über Nacht. Es braucht Zeit und Geduld, bis neue Prozesse in der Organisation etabliert und gelebt werden. Eine klare und solide rechtliche Grundlage hilft entscheidend, diesbezüglich Unsicherheiten zu nehmen.

Darüber hinaus wurde in der Stadt Zürich schnell klar, dass Daten und ihr Management technisch durch die richtige Infrastruktur unterstützt werden müssen. Deshalb wird bis Ende Jahr eine dedizierte Infrastruktur eingeführt, welche zusätzlich eine Daten-Föderation mit dem Bundesportal ermöglicht.

Schlüsselerkenntnis drei: OGD ist Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation.

Sowohl die interne als auch die externe Kommunikation spielt bei OGD eine entscheidende Rolle. Ein grosser Teil der täglichen Arbeit des Open Data Teams ist deshalb in diesem Bereich angesiedelt. Für den Austausch mit interessierten Bürgern wurde die Rolle des Community Managers geschaffen. Twitter wurde als einer der Hauptkanäle der OGD-Community identifiziert und in der Folge konsequent intern auf- und umgesetzt. Dass es neben Twitter einen weiteren Kommunikationskanal braucht, wurde erst im Laufe des Jahres ersichtlich.

Ein Newsletter ist deshalb in Vorbereitung. Er soll jene Interessenten erreichen, welche nicht über Twitter kommunizieren. Zu den Aufgaben des Community Managers gehört neben der Betreuung des Twitter Accounts auch die Durchführung der Zürcher OGD-Stammtische und die Planung eines städtischen OGD- Wettbewerbs, der im Oktober und November stattfinden wird. Auch der Rücklaufprozess (Beantwortung von Anfragen, Meldung von Fehlern) wird durch ihn abgedeckt.

Stadtintern braucht es ebenfalls viel Aufklärungsarbeit, um OGD weiteren Dienstabteilungen und Departementen näher zu bringen. Mit der Erstellung von internem Informationsmaterial wurde hier eine wichtige Massnahme umgesetzt. Regelmässig finden zudem Workshops statt, um OGD verwaltungsintern besser zu verankern.

Schlüsselerkenntnis vier: Die rein quantitative Betrachtung von Aufwand und Ertrag ist für OGD nicht ausreichend.

ogd-apps_stadtzuerichIn den meisten Fällen werden Daten erhoben, ausgewertet, publiziert und dann intern abgelegt und archiviert. Damit werden das Potential und der Wert, den man aus diesen Daten gewinnen könnte, nicht voll ausgenützt. Mit einer Veröffentlichung zur freien Wiederverwendung der Daten kann ein Teil dieses brachliegenden Potentials durch die öffentliche Hand genutzt werden.

Es reicht nicht aus, mit quantitativen Methoden einen Ertrag zu messen, um ein vollständiges Bild über den Nutzen von OGD zu erhalten. Zwar kennt die Stadt die Downloadzahlen ihrer Datensätze, darüber hinaus können aber über die Sekundärnutzung der Daten durch Dritte wenig weitere Informationen gesammelt werden. Die Stadt Zürich ist dafür auf Rückmeldungen aus der interessierten Bevölkerung angewiesen, welche ihr mitteilt, wie und in welcher Form ihre offenen Daten in Projekte eingebunden wurden. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Rückmeldungen nur bei einem Bruchteil der tatsächlich mit OGD umgesetzten Projekte erfolgt.

Um ein vollständiges Bild des Mehrwertes von OGD zu erhalten, müssen weitere Nutzenaspekte in die Betrachtung einfliessen.

In der Stadt Zürich wird das Bereitstellen von Behördendaten beispielsweise auch als Massnahme zur Standortförderung junger ICT Firmen aktiv umgesetzt. Das Open Data Team hat in diesem Jahr einige junge Firmen betreut, die ihre Ideen mit städtischen Daten umsetzen möchten.

Der Austausch mit der Bevölkerung und die Förderung ihrer Partizipation ist ein weiterer, nicht quantitativ messbarer Nutzenaspekt. Dieses Ziel wird im Rahmen von OGD durch eine Reihe von Kommunikationsaktivitäten ebenfalls aktiv vorangetrieben.

Aus den mit Hilfe von OGD entwickelten Anwendungen entsteht zudem ein volkswirtschaftlicher Nutzen: Es werden Apps kreiert, die das Leben der Bevölkerung leichter machen. Der Nutzen einer Anwendung wie beispielsweise dem einfachen Suchen und Finden des nächsten ZüriWCs ist zwar leicht ersichtlich, quantitativ messen lässt er sich aber ebenfalls nicht.

Nicht zuletzt entsteht durch OGD auch ein kultureller Nutzen. OGD-Arbeiten an Hochschulen sowie OGD-Projektwochen an Kantonsschulen wurden bereits durchgeführt oder sind gerade in der Umsetzung.

Die Sichtweise über OGD muss deshalb weg von einem rein Aufwand/Ertrag-orientierten Blick hin zu einer umfassenderen Nutzen-Perspektive.

Schlüsselerkenntnis fünf: OGD braucht politische Unterstützung.

Dem OGD-Projekt und -Betrieb übergeordnet ist eine solide politische Unterstützung eine entscheidende Rahmenbedingung. Damit weitere Daten als OGD erfolgreich erschlossen werden können, braucht es einen klaren Auftrag der Regierung an die Verwaltung, ihre Daten standardmässig als OGD zu publizieren. Für OGD muss dementsprechend ein nachhaltiges Budget gesichert werden, um nicht nur intern entstehende Aufwände, sondern auch Ertragsausfälle bei der Abgabe gebührenbefreiter Daten zu kompensieren. OGD braucht Kontinuität, ein langer Atem ist intern und extern nötig. Ohne einen politischen Willen, OGD wirklich umsetzen zu wollen, wird das Vorhaben deshalb langfristig kaum erfolgreich fortzusetzen sein.


Weitere Informationen um Thema:

Gerade heute (03.09.2013) ist im Tagesanzeiger ein Artikel zum OGD Portal der Stadt Zürich erschienen: ‘Zürich – die Pionierstadt der Open-Data-Bewegung’.

Am 15. und 29. Oktober sowie am 12. November 2013 finden die Open Data Zürich Hacknights 2013 statt. Dafür eintragen kann man sich hier.

Der OGDZH Twitter-account: @OpenDataZurich