5. Nationales eGov-Symposium: «The benefit of open government data appears when it is used»
Das diesjährige Zusammenkommen der Schweizer eGovernment-Verantwortlichen und -Interessierten drehte sich um «Open Government» und «Open Government Data (OGD)». Die beiden Themen sind – wie auch die positive Beantwortung des parlamentarischen Vorstosses Wasserfallen in der Sitzung des Bundesrats vom vorletzten Mittwoch beweist – auf den obersten institutionellen Stufen von Regierung und Verwaltung angekommen. Das ist der Verdienst der Schweizer Opendata.ch-Community. Ihr aktiver Einsatz als Partner im Bereich Wissensvermittlung, Strategie und Umsetzung ist jetzt umso mehr gefragt.
Peter Fischer, Delegierter des Bundesrates für die Informatikstrategie, begrüsste die Anwesenden und übergab Frau Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf das Wort. In ihrem Eröffnungsreferat äusserte die Bundesrätin die Absicht, dass OGD als Schwerpunkt in der E-Government-Strategie der Schweiz positioniert werden solle. Neben diesem positiven Statement war ebenso erfreulich, dass sie nicht direkt ins Finanzdepartement entschwand, sondern bis zum Mittag vor Ort blieb und sich «open» und interessiert an den OGD-Erfahrungen etwa der schwedischen Regierung zeigte.
Der Vertreter der schwedischen E-Government-Delegation und Mitglied des «Digitalization Council», Peter Krantz (von dem auch das Zitat im Titel stammt), gab ein starkes Votum für die Einbindung der Community in Konzeption wie Umsetzung von Strategien und Aktivitäten im Bereich von Open Government und insbesondere auch von OGD ab. In seiner – sehr empfehlenswerten – Präsentation vermittelte Krantz ein kompetentes Zwischenfazit zu OGD in Schweden. Er zeigte sich erfreut und durchaus auch stolz über die Resultate, verschwieg dabei aber keineswegs die noch anstehenden Herausforderungen. Auf die Frage aus dem Publikum zu Sinn und Zweck von App-Contests als Mittel, die Community aktiv zu involvieren, betonte Krantz, dass solche Contests – wenn sie als aufrichtige Fördermassnahmen gedacht sind und erfolgreiche Resultate über den eigentlichen Anlass hinaus zeigen sollen – erstens ein thematisches Framing, zweitens Unterstützung seitens der involvierten Vertreter von Regierung und Verwaltung bei Implementierung und Support sowie drittens auch finanzielle Unterstützung für Apps seitens von Privaten wie auch der öffentlichen Hand umfassen sollten.
Am Nachmittag sollte in der Fachsession «Wirtschaftliche Innovation» gemäss Tagungsprogramm zuerst Reto Haeni, Chief Security Advisor Microsoft Schweiz, über «Erfolgsfaktoren für Open-Government-Projekte; Erfahrungen und Herausforderungen» sprechen. An vertieften Erfahrungen mit dem Thema schien es ihm aber leider noch zu mangeln und bei den Herausforderungen fokussierte er – angesichts seines Fachgebiets nicht verwunderlich – ausschliesslich auf Sicherheitsaspekte. Nicht nur die wenigen anwesenden Vertreter der OGD-Community, sondern auch die zahlreich vertretenen Verwaltungs- und Wirtschaftsvertreter hätten da vermutlich mehr erwartet.
Wer sich für Herausforderungen von OGD-Projekten interessiert, dem sei nochmals die Präsentation von Peter Krantz empfohlen (genauer: die letzten sieben Slides) sowie in eigener Sache unsere praktischen Erfahrungen mit Make.opendata.ch von Anfang Oktober sowie die Videos und Präsentationen der Opendata.ch-Konferenz von Ende Juni.
Die Fragen von Verwaltungsvertreterinnen und -vertretern während wie nach Haenis wie auch anderer Fachsessionen drehten sich kaum um – nota bene durchaus nicht zu verschweigende – Aspekte wie «Kontrollverlust» oder «nichtvorhersehbare Konsequenzen» als vielmehr um Fragen der konkreten Umsetzung und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen privaten Akteuren und der öffentlichen Hand. Das darf die Community in der Schweiz durchaus zuversichtlich stimmen.
OGD ohne die Schweizer Community ist nicht zu machen
Zur Konferenz generell zu bemerken ist, dass die – spätestens seit der Opendata.ch-Konferenz – auch in der Schweiz nicht mehr in den Kinderschuhen steckende OGD-Community im Plenum leider gar nicht und in den Fachsessionen ausser mit André Golliez (s. Präsentation) keineswegs der Schweizer OGD-Realität entsprechend vertreten war. Hätte nicht der schwedische Vertreter (nota bene: Regierungsvertreter!) auf dem Podium die entscheidende Rolle der Community betont – so wie es in den Fachsessionen für die Stadt Zürich ebenfalls Andreas Németh, Verantwortlicher der eZürich-Initiative (s. Präsentation), und für die Stadt Genf ansatzweise auch Patrick Genoud, vom OT Genève (s. Präsentation), taten – hätten die mit dem Thema erst weniger Vertrauten durchaus schlussfolgern können, dass es sich bei OGD um ein – wenn überhaupt – rein verwaltungsintern zu lösendes Thema handelt, das alleine mit Corporate-Software-Lösungen abgedeckt werden könne. Jedem, der bereits mehr über das Thema wusste, ist klar, das dem nicht so ist. Open Government und OGD verändern das Verhältnis zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Wenn einem Verantwortung wichtig ist, kann und sollte man solche Herausforderungen nicht alleine technisch lösen wollen. Oder wie Peter Krantz es zusammenfasste: «Open Government (…) is about (1) actively invite participation to change/implement laws, and (2) collaboration in delivering government services.» Ohne die aktive Einbindung der Zivilgesellschaft, also auch der OGD-Community, sind ihre Versprechen einlösende Open-Government- und OGD-Strategien schlicht nicht denk- und umsetzbar. Glücklicherweise wissen das in der Schweiz die Verantwortlichen bei Bund, Kantonen und Gemeinden, die sich bereits eingehender mit der Thematik auseinandergesetzt haben.
Grütter: «Open Gov is crowdsourced service innovation»
Zum von Krantz genannten Punkt – «Open Government (…) is about collaboration in delivering government services» – passt ein Tweet von Peter Grütter, bis 2007 Generalsekretär des Eidg. Finanzdepartements und seither bei Cisco für die Beratung von Regierungen zuständig: «open gov is crowdsourced service innovation.» Auch da ist die Schweiz im Bereich OGD spätestens seit diesem Jahr keine Wüste mehr, wie der respektvolle Umgang zwischen privaten und öffentlichen Akteuren an der Opendata.ch-Konferenz und die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Städten Lausanne und Zürich im Rahmen des make.opendata.ch-Hackathons im Herbst konkret bewiesen haben. Abgeschlossen wurde die Konferenz durch ein erfrischendes Referat von Daniel Binswanger, Das Magazin, über «Konfusion und Transparenz» und mit einer Podiumsdiskussion, an der Hanspeter Thür, Öffentlichkeitsbeauftragter, sich u.a. für die kostenlose Zugänglichkeit von Government Data aussprach, sowie Frau Nationalrätin Edith Graf-Litscher einen direkten zentralen Datenzugang forderte.
An die Adresse aller Teilnehmer wie aller am Thema OGD Interessierten sei zum Schluss nochmals ein Satz von Peter Krantz gerichtet: «Release it, try it, fix it.» Oder wie Peter Grütter per Tweet abwandelte: «Trust it, try it, fix it.» In diesem Mantra ist alles drin, was es für eine erfolgreiche und verantwortungsvolle Schweizer OGD-Zukunft braucht.
Präsentationen (vollständig)
Tweets (vollständig)
- verdankenswerterweise übersichtlich zusammengestellt von Andreas Hugi: Tweetschau
Reaktionen (unvollständig)
- Netzwoche: «Im Bereich eGovernment findet ein Kulturwandel statt»
- inside-it: Open Government Data – Bund startet Pilotprojekt